Dienstag, 22. März 2016
Bis ans Ende der Welt und noch ...
chile 18

... wieder zurück. Das Ende der Welt ist für viele Südamerikareisende Ushuaia. Ich habe mich aber aus zwei Gründen für Puerto Williams entschieden:
1. Wegen meinen kleineren Visa-Schwierigkeiten wollte(/sollte?) ich Chile vorläufig nicht verlassen. Ushuaia liegt in Argentinien.
2. Puerto Williams liegt noch etwas südlicher und verdient damit den Titel „südlichste Stadt der Welt“ zu recht.

Außerdem gibt es in Puerto Williams den südlichsten Treck der Welt: Die Dientes de Navarino. Das heißt so viel wie die Zähne von Navarino. Letzteres ist der Name der Insel. Das Ganze liegt in Feuerland, welches aus Inseln besteht. Es ist eben nur nicht die große Feuerland Insel.

Ich wollte eigentlich mit der Fähre (36 h) hinfahren, aber habe kein Ticket bekommen. Also habe ich den Flieger genommen. Am Tag des Hinflugs hatte der Wind 110 km/h. Der Flieger war aber sehr klein und hat sich davon nicht beeindrucken lassen. Nach nur einer Stunde waren wir auch schon da. Vom Flughafen hat mich der Hostelbesitzer abgeholt. Das Dorf war wirklich sehr ruhig, so wie es auch mein Reiseführer beschrieben hat. Es war jedoch sichtlich am Wachsen. An allen Ortsrändern standen neue Reihenhäuser, die alle mit Flaggenmast gebaut wurden. Es hat nicht jeder auch eine Flagge, was ich gut fand, das würde sonst doch sehr seltsam aussehen. Das Hostel war dann das selbe vor dem mich Matthias gewarnt hatte. Der Besitzer wohnt dort nicht, dafür gibt es Kameras :/. War aber ja nur für eine Nacht.

Am nächsten Tag bin ich früh aufgebrochen zu den Dientes de Navarino. Ich musste mich vorher bei der Polizei melden. Denen habe ich erzählt ich würde mit zwei Deutschen aus dem Hostel aufbrechen, was ich aber nicht gemacht habe, da die beiden sich mehr Zeit mit dem Treck lassen wollten. Also ging es von dem Dorf direkt zum Start des Trecks. Zunächst ging es auf einen Hügel namens Cerro Bandera, wo eine Flagge die chilenischen Besitzansprüche markiert. Hier unten ist der Konkurenzgedanke zu dem Nachbarland leider noch sehr ausgeprägt. Ich hab Geschichten von Argentiniern gehört, die in Puerto Williams nichts verkauft bekommen haben. Nach dem doch sehr anstrengenden Aufstieg auf den Hügel, von wo ich eine super tolle Aussicht auf den Beagle-Kanal hatte, ging es an einem Berghang entlang. Mir wurde von diesen zwei ersten drei Stunden sofort klar, warum der Treck als anspruchsvoll im Reiseführer steht. Ich kam trotzdem gut voran und um 11 Uhr hatte ich die erste Tagesetappe geschafft. Ich hatte bereits geplant noch eine am ersten Tag zu machen, da ich nur vier statt fünf Tagen Zeit hatte. Es ging also noch über zwei Pässe, wo ich Leute überholte, die bereits den zweiten Tag auf dem Treck waren. Um 13:15 war dann auch die zweite Tagesetappe geschaft und ich baute mein Zelt auf. Toll, ich war viel zu schnell gewandert. Den Rest des Tages habe ich mir dann allein vertrieben, was gar nicht so cool war. Viele andere Leute gab es hier nicht, ich hab insgesamt nur acht getroffen. Es war tatsächlich erst der zweite Mehrtages-Treck, den ich alleine unternommen habe. Der erste war auch mein erster überhaupt hier in Chile. Und dieser war mein letzer in Chile. Irgendwie passend. So konnte ich mich nochmal ganz persönlich von Chile verabschieden.

Also was gab es auf diesem Treck zu sehen: Die Dientes de Navarino sind eine markante Bergkette mit schönen spitzen, aber nicht alzu hohen, Gipfeln. Dazwischen gibt es hunderte kleinere Seen, Moorland und den typischen niedrigen Lenga-Wald. Negativ fallen die vielen Bieberdämme auf, oder vielmehr die imensen Mengen Wald, welche die Bieber dafür vernichtet haben. Die Nagetiere wurden einst wegen ihrer Felle importiert und haben sich zu einer Plage entwickelt. Ich hätte mir auch einen gefangen und gebraten, habe aber leider keinen gesehen. Ich glabue für den Schwanz hätte ich von der Regierung sogar noch 100 Dollar Belohnung bekommen. Naja, wer weiß ob ich das wirklich gemacht hätte, ich hatte viel Zeit und seltsame Ideen.

Am zweiten Wandertag hat mich immer wieder Schneefall überrascht. Es war so körniger Schnee, aber doch kein Hagel. Dazu hat mir auf dem einen Pass der Wind ordentlich um den Rucksack gepfiffen. Ich bin dann auf dem Weg runter ordentlich vom Weg abgekommen. Als ich ihn nach ca. zwei Kilometern nicht wiedergefunden hatte, hab ich dann doch mein Handy angeschaltet und GPS benutzt. War aber nur ca. 100 Meter vom Weg weg. Abends habe ich mir einen Windschutz vor mein Zelt gebaut.

Am dritten Wandertag ging es dann einen ordentlich steilen Pass hinauf. Auf der anderen Seite ging es dann durch Schotter wieder runter. Das war cool; so als würde man gleiten. Weiter unten bin ich dann nochmal ordentlich vom Weg abgekommen und irgendwo mitten zwischen wilden Pferden in einem Moorland herausgekommen. GPS habe ich aber nicht mehr gebraucht, ich bin einfach zum Meer gelaufen, wo auch die Straße war. Dort habe ich zum letzten mal gezeltet. Dann ging es zurück nach Puerto Williams und am nächsten Tag zurück nach Punta Arenas und von dort noch am selben Tag nach Puerto Natales, wo ich ja noch mein Visakram abschliesen musste. Das ist mittlerweile auch erledigt :).



Freitag, 11. März 2016
Auf zum Kap Froward
chile 17

Wie ich bereits berichtete: ein großes Glück, dass ich Oliver getroffen habe und der mit mir diese Tour macht. Er selbst hat sie schon einmal mit Guide vor drei Jahren gemacht. Damals wohl bei sehr schlechtem Wetter.

Unsere Tour startete zunächst bei relativ gutem Wetter mit einer Busfahrt nach San Juan, wo wir noch zwei andere Wanderlustige aussteigen sahen. Die waren aber schneller als wir losgelaufen und so sollten wir sie erst später kennenlernen.

Der Treck geht von dem Küstendorf über etwa 40 km an der Küste entlang bis zum Kap Froward. Dort steht ein großes Metallkreuz, das Kreuz der Meere. Das Kap ist der südlichste Punkt des amerikanischen Festlandes und dort treffen auch sozusagen atlantischer Ozean (in Form der Magellanstraße) und pazifischer Ozean aufeinander. Das Wetter war auch gut genug um die Codillera Darwin auf der anderen Seite des Kanals zu sehen.

Die ersten acht Kilometer waren von matschiger, halbfertiger Straße und LKWs geprägt. Es wird hier gerade eine Straße in Richtung des Kaps gebaut. Wir vermuten aber, dass sie an dem Leuchtturm enden wird. Dieser war unsere erster Orientierungspunkt, den wir nach circa drei Stunden erreichten. Für uns ging es direkt weiter in die Walfängerbucht, wo aber von den einstigen Walfängern nur einige Metallteile und Sträucher mit gelben (!) Himbeeren übrig sind. Der Weg ist ab dem Leuchtturm entweder am Strand oder entlang der felsigen Küste oder durch den Küstenwald. Am Ende des ersten Tages erreichten wir eine leere Hütte und den ersten Fluss. Dieser ist so niedrig, dass man nichtmal die Schuhe ausziehen muss. Wieso erwähne ich das? Weil ich die Tour hauptsächlich wegen den drei Flussquerungen ohne Brücke oder Seil nicht alleine machen wollte und auch etwas Angst davor hatte.

An der Hütte trafen wir auch Dana aus Berlin und Ajosha aus Punta Arenas, die beiden aus dem Bus. Sie hatten das selbe Ziel, aber weniger Zeit. Deswegen liefen sie am selben Tag noch weiter. Wir trafen sie die folgenden Tage immer mal wieder.

Am zweiten Tag ging es dann zunächst durch einen Sumpf. Dann kam der zweite Fluss und der hatte es in sich. Wir waren einige Stunden vor dem tiefsten Meeresstand da, da wir noch den dritten Fluss bei niedrigem Meeresspiegel machen wollten Auf der anderen Seite warteten auch schon zwei Chilenen auf niedrigeres Wasser. Wir fanden dann aber eine Stelle an der mir das Wasser „nur“ bis zur Brust reichte und querten. Da der Fluss durch das Meer aufgestaut war, gab es keine Strömung. Es ist aber trotzdem gar nicht so einfach mit einem ca. 15 kg Rucksack auf der Schulter in Flip-Flops durch einen Fluss zu waten, dessen Grund an manchen Stellen matschig ist und dabei das Gleichgewicht zu halten. Wir haben es aber alle geschaft (Dana und Ajoscha und die beiden Chilenen).

Danach ging es relativ lange an der Küste entlang, die zunehmend steiniger und weniger sandig wurde und schließlich zum dritten Fluss. Der war von der Höhe ähnlich dem zweiten und wir meisterten die Querung gekonnt und campten direkt auf der anderen Seite.

Am dritten Tag liesen wir all unser Gepäck bis auf ein paar Snacks gut versteckt am Camp und machten uns auf zum eigentlichen Kap. Der Treck war jetzt deutlich anspruchsvoller und wir waren froh mit leichtem Gepäck unterwegs zu sein. Endlich kam das Kap mit dem 365 m hohen Hügel auf dem das 24 m hohes Metallkreuz steht in Sicht. Der Aufstieg dauerte dann nochmal knapp eine Stunde und dann waren wir da. Der Wind toste uns um die Ohren, das Kreuz wackelte sichtlich obwohl es nur aus Metallstangen besteht. Trotzdem machte erst Oliver und dann ich mich daran da hochzuklettern (innen war eine Leiter). Der Wind wurde dabei immer stärker und mir war ganz oben ganz schön unwohl, sodass ich schnell wieder runter kletterte. Wir fanden auch noch die Ruinen von einem alten Kreuz aus Stahlbeton.

Oliver hatte ein Satelitentelefon dabei, mit dem er seine Familie anrief. Ich durfte dann auch noch zuhause anrufen und auf den Anrufbeantworter sprechen... vom Ende der Welt :).

Der Rückweg verlief sehr ähnlich dem Hinweg (weswegen ich eigentlich Rundwege bevorzuge). Mit drei Ausnahmen:
1. Wir trafen eine Israelin, die uns verriet, dass Fluss Nr. 3 eine sehr flache Stelle hat. Das war dann tatsächlich viel einfacher dort hinüber zu kommen, da man den Rucksag auf dem Rücken tragen konnte.
2. Tag vier wurden wir nass. Es regnete an diesem Tag nur einmal, dafür lange.
2. Am letzten Abend haben wir noch einmal nahe San Juan gecampt. Nach einigen Schauern hat es nochmal aufgeklart und ich hab ein kleines Lagerfeuer gemacht. War schön. So wie der ganze Trip.



Donnerstag, 10. März 2016
Puerto Natales und Punta Arenas
chile 16

Nach Torres del Paine ist mein Tempo etwas gesunken. Das lag vor allem an den Behördengängen, die ich noch zu tun hatte (siehe letzter Post). Ich merkte aber auch schnell, das mir ein bisschen Ruhe ganz gut tut. Ich war im Hostel „Last Hope“ in Puerto Natales, wo es mir dank des guten Frühstücks und des netten Besitzers Diego super gefiel. Ich schaute mir diverse DVDs auf Englisch an und lernte viele nette Leute kennen. Sontags gabs sogar ein Barbeque :). Auch schaute ich mir die Stadt ein bisschen genauer an. Puerto Natales ist für eine chilenische Stadt ziemlich sauber, hat unglaublich viele Hostels und Outdoorshops und schöne bunte Häuser.

Schlieslich war der Behördenkram aber erledigt und ich zog weiter nach Punta Arenas (vierstündige Busfahrt). Das ist so die letzte Station vor Feuerland, von welchem mich nun nur noch die Magellanstraße trennt. Die meisten Reisenden komme hier her, um sich Pinguinkollonien anzusehen oder den großen Flughafen zu benutzen. Früher war die Stadt mal ein bedeutender Hafen, aber dank des Panamakanals, gibt es deutlich weniger Schiffsverkehr. Auch die Zeiten der superreichen Großgrundbesitzer, die durch Schafswolle zu Geld kamen, sind vorbei. Man sieht der Stadt aber noch die reiche Vergangenheit an. Es finden sich viele Villen, die sich irgendwie nicht so richtig ins Stadtbild integrieren und auch der Friedhof überrascht mit vielen Mausoleen.

Mein Plan war von hier mit dem Schiff nach Puerto Williams zu fahren, welches die südlichste Kleinstadt der Welt ist. Allerdings gab es keine Plätze mehr und ich landete auf der Warteliste. Die Fähre fährt auch nur einmal die Woche, das hat meine Pläne etwas durcheinander gebracht. Ich habe gerade mit meinem Hostelbesitzer diskutiert, ob ich doch noch mal zur Fähre fahren soll, um nach eventuell freien Plätze zu fragen, da kam Oliver um die Ecke und bekam von meinem Alternativplan mit. Plan B war zum Capo Froward (Kap Froward) zu wandern. Das ist eine vier- bis fünf-Tages-Tour mit drei Flussquerungen zum südlichsten Punkt des amerikanischen Kontinents. Oliver wollte die Tour auch machen und ich wollte die Tour nicht alleine machen (weil ich Angst vor den Flussquerungen hatte, man will ja nicht alleine sein, wenn man ins offene Meer gespült wird). Von der Tour berichte ich dann in meinem nächsten Post :)



Montag, 8. Februar 2016
Die fantastische Careterra Austral
chile 13

Ich hab es geschafft! Ich bin am Ende der Carretera Austral! Damit endet irgendwie ein Abschnitt meiner Reise. Seit Futaleufú hab ich wieder so viel erlebt, aber nur Lust einen Text zu schreiben, deswegen mach ich das jetzt etwas kürzer und erwähne nur das Erwähnenswerte.

Parque Queulat
Von Futaleufú ging es erstmal mit dem Bus nach La Junta. Dort traf ich den Franzosen Victor wieder, der jetzt mit einer neuen Freundin, Miri aus Deutschland (der Schlawiner). Miri ist irgendwie das genaue Gegenteil von der alten Freundin, die war zurückhaltend und religiös. Miri ist sehr extrovertiert, sie fordert beispielsweise beim Anhalten Autos, die in die falsche Richtung fahren, per Handzeichen zum umdrehen auf :D oder schaut Moskitos dabei zu, wie sie ihr Blut aussaugen. Mit den beiden bin ich zum Park getrampt und wir haben vor dem Parkeingang wild gezeltet. Die beiden sind sehr nett. Am nächsten Morgen hat es geregnet und die beiden sind zur Straße. Ich hab meinen Kram im Zelt (versteckt im Wald gelassen) und bin in den Park. Wegen den Wolken hat man den hängenden Gletscher nicht sooo gut gesehen, aber es war ganz nett. Später hab ich dann mich auch an die Straße gestellt und drei Bauarbeiter haben mich mitgenommen. Die haben dann nochmal an einer Baustelle gehalten. Danach sprang das Auto nicht mehr an. Ein Bus fuhr vorbei und ich saß im Auto - Mist! Die Bauarbeiter haben aber eine Batterie aus einem Baustellengenerator ausgebaut und dann gings weiter. Am Ende haben wir sogar den Bus eingeholt (ich wollte weiter als die Bauarbeiter) und ich bin während die Sonne unterging Richtung Coyhaique gedüst und dabei sanft eingedöst.

Coyhaique
Als ich aufwachte und wir da waren, war es dunkel. Coyhaique, die mit Abstand größte Stadt an der Carretera, glitzerte im Tal. Bald waren wir da. Es war schwierig um fast 23 Uhr noch ein Camping zu finden, so lief ich von der Straße ein Stück auf ein leeres Grundstück und campte die zweite Nacht wild. Am nächsten Morgen checkte ich auf einem Campingplatz ein und duschte erstmal. Ansonsten schaute ich mir dann noch Coyhaique an und informierte mich über Trekking. Mir wurde Cerro Castillo empfohlen. Den Rest vom Tag war ich noch Vorräte einkaufen und hab lecker gekocht (Wraps mit Lachs, Avokado und Tomate). Am nächsten Tag ging es mit drei verschiedenen Autos per Anhalter zum Ausgangspunkt von

Cerro Castillo
Im letzten Auto waren noch Mahycol und Nicolas gewesen und die hatten den selben Plan wie ich: Eine drei bis vier Tage lange Wanderung durch Cerro Castillo. Die beiden waren super. Später haben wir noch Florian und Lambert kennengelernt und mehr oder weniger zusammen sind wir gewandert. Macht jetzt nicht viel Sinn jeden der drei Tage zu beschreiben, aber es gab folgende Highlights:
-Die wunderschöne Landschaft mit dunklen Felsen, die sich wie Burgtürme aus dem Schnee erhoben (Cerro Castillo heißt etwa Burghügel).
-Die zweite Nacht haben wir nahe einer Lagune gecampt. Die war direkt von einem Gletscher gespeist und seeehr kalt. Ich habs etwa 30 Sekunden darin ausgehalten. In der Nacht gab es dort auch Frost, war auf über 1000 Metern. -Und am nächsten Tag haben wir sieben (!) Kondore gesehen, davon saß einer auf einem Felsvorsprung nur etwa 30 Meter entfernt. Da hatten wir unglaubliches Glück. Die Dinger sind selten aus der Nähe zu sehen, vermutlich schämen sie sich, weil sie so hässlich sind und verstecken sich vor Fotographen ;).

Glaciar Exploradores
Von Villa Cerro Castillo ging es nach Rio Tranquilo. Von dem Tag hab ich in meinem letzten Post berichtet. Am nächsten Tag ging es mit Mahycol auf einen Gletscher. Die Tour war zwar teuer (ca. 55 €) und wir wurden durch einige langsame Gruppenmitglieder sehr gebremst (wir mussten am Vortag bestimmt fünfmal auf einem Zettel angeben wir körperlich fit wir sind, da haben wohl einige gelogen :-| )..., aber es war echt cool. Ich hatte vorher viel Angst in eine Gletscherspalte zu fallen, warum weiß ich nicht. Mit Spikes zum Überziehen an den Schuhen war das Laufen über den Gletscher sehr einfach und die meisten Gletscherspalten waren ohnehin mit Wasser gefüllt. Und wir waren auch in einem Gebiet unterwegs, wo es keine plötzlichen Eisbewegungen oder so gibt. Es war also nicht gefährlich (ich musste am Vortag auch nur unterschreiben, dass ich sie für Verletzungen nicht verklage. Beim Rafting in Futaleufú musste ich auch unterschreiben, dass der Veranstalter nicht für meinen Tod verantwortlich gemacht werden kann). Wir waren sogar in einem Eistunnel und haben viel erklärt bekommen.

Während der Tour ist mir die Hose am Hintern aufgerissen und es haben vermutlich alle aus der Gruppe meine Unterhose begutachtet. Habe ich dann abends genäht. Ich wollte eigentlich einen eigenen Blogpost zu dem Ausflug mit dem Titel „Arschkalter Gletscher“ oder so machen.

Capillas de Marmol
Am nächsten morgen bin ich dann noch mit einem Boot und sieben anderen Touristen zu den nahen Capillas de Marmol. Das sind vom See Lago Carrera General (größter Chiles) ausgewaschene Marmorfelsen. Die sahen im Morgenlicht sehr schön aus, lohnen sich auf jeden Fall. Wir haben viel fotographiert. Auf der Rückfahrt wurde der Wind heftiger, die Wellen höher und die drei Mädels vor mir vielen auf einmal rückwärts von der Bank mir zu Füßen. Es wurde viel gelacht :D. Am selben Tag ging es noch mit dem Bus nach Cochrane dem letzten größeren Ort auf der Careterra Austral. Ab hier bin ich nicht mehr per Anhalter unterwegs gewesen, weil mich die Leute in Rio Tranquilo abgeschreckt haben, die dort mehrere Stunden in der Sonne auf Autos gewartet haben. Achja das Wetter ist seit Queulat sehr sonnig.

Tortel
Cochrane war eigentlich nur eine Stadt um sich nochmal auszurüsten. Im Bus hatte ich Matthias kennengelernt, der mir ziemlich sympathisch war. Wir fuhren am nächsten Tag nach Tortel und hatten vor von dort nach Villa O'Higgins weiterzufahren. Daraus wurde nichts, da der entsprechende Bus nur zweimal pro Woche fährt und für eine Woche ausgebucht ist. Wir hatten aber Glück im Unglück und konnten einen Bus zurück nach Cochrane am nächsten und von dort nach Villa O'Higgins am übernächsten buchen (das hies allerdings auch, das wir die dreistündige Strecke insgesamt dreimal fahren würden, was für eine Verschwendung). Also hatten wir einen Abend und einen Morgen um uns Tortel anzugucken. Das Dorf ist wirklich wie aus dem Bilderbuch. Es gibt keine Straßen nur Stege. Die winden sich um große Hügel am Meer entlang, so dass alle Häuser nicht weiter als 50 Meter vom Wasser entfernt sind. Die „Plätze“ sind überdachte Holzplattformen. Häuser stehen alle auf Stelzen. Wir haben ganz am Ende des Dorfes am Strand auf einer Wiese gecampt. In dem Dorf gab es kein Wasser aus Leitungen (akutes Problem) und nur manchmal Strom (dauerhaft rationiert). Wir haben noch eine Wanderung auf dem Hügel über dem Dorf gemacht und hatten einen einmaligen Ausblick. Ein bisschen haben wir uns auch verlaufen, weil der Weg so schlecht markiert war.

Am nächsten Tag war Matthias Geburtstag. Ich hab ihm eine Geburtstagskerze gebastelt (Familientradition bei ihm) und wir haben Milchreis mit vielen Äpfeln gekocht. Dann ging es mit dem Bus zurück nach Cochrane. Auf dem Campingplatz dort trafen wir wieder Vincent und Miri. Miri malte mir ein Mandala in mein Tagebuch. Früh morgends ging es dann am nächsten Tag nach Villa Castillo. Auf der Fahrt ging es durch wunderschöne Täler, vorbei an Bergen, Flüssen, Wäldern, Wasserfällen, Seen und Gletschern, durch sehr ursprüngliches, kaum besiedeltes Land. Es gibt zwar alle 30 km einen Hof oder so aber sonst ist das hier echte Wildnis!

So und jetzt habt Spaß die Bilder den Ereignissen zuzuordnen ;).



Dienstag, 2. Februar 2016
Ein guter schlechter Tag
Heute war irgendwie komisch. Es gab gleich eine ganze Reihe von Dingen, die meine Laune unglaublich verschlechtert haben:

- Ich hatte wenig geschlafen.
- Es war total heiß und wenig Wind. Ich bin ja in den Süden von Chile, damit ich der großen Hitze entgehe.
- Ich hab zwei Stunden den Daumen rausgestreckt und viele leere Autos mit viel Platz haben mich einfach ignoriert.
- Mein Buff war auf einmal nicht mehr da und ich dachte ich hätte ihn auf dem letzten Campingplatz vergessen.
- Ich hatte heute so schlimm Heimweh wie noch nie!
- Im Supermarkt gab es keine Eier und keine Tomatensauce und mein Feuerzeug haben sie nicht mal zu einem Viertel aufgeladen.

Aber irgendwie sind auch total viele gute Sachen passiert:

- Fernando, der mich dann nach zwei Stunden mitgenommen hat, war etwas schweigsam, hatte aber gute Musik am laufen, wie Pink Floyd und Rage Against The Machine! Und er ist schneller gefahren als alle anderen. Halb driftend sind wir mit lauter Musik die Carretera Austral (hier Schotterpiste) runtergedüst und haben alle überholt.
- Ich hab total Zufällig Mahycol (spricht man wie Michael in englisch) wiedergetroffen, den ich auf der letzten Wanderung kennengelernt habe.
- Mein Buff war in meinem Schlafsack.
- Hier auf dem Campingplatz gibt es eine schmusige Katze, die ich ausgiebig gekuschelt habe.
- Ich bin dann nochmal zum Supermarkt, hab dann mit dem richtigen Adapter mein Feuerzeug nochmal aufladen dürfen, mir noch ein Nogger (Eis) gekauft und mich an den Strand gesetzt. Das Nogger ist hier besser als in Deutschland.

Jetzt hab ich gerade noch gekocht und morgen gehts auf eine geführte Gletscherwanderung. Gerade gehts mir ziemlich gut :). Was sonst so seit meinem Rafting passiert ist, schreibe ich ein anderes mal.



Sonntag, 8. November 2015
Ins Kalte
Ich bin da! In Chile! Und es ist... gar nicht so einfach :D. Aber moment ich erzähle mal der Reihe nach:

Vorgestern Abend ging es von Frankfurt Main los. Von den Männern meiner Familie habe ich mich noch in der Sachsenstraße verabschiedet, von den Frauen dann am Flughafen. Das war schon ein bisschen traurig, aber ich war hauptsächlich aufgeregt, da hab ich das gar nicht so gemerkt. Der Flug nach São Paulo war ganz gut. Während rechts im Fenster Cassablanca bei nacht glitzerte wechselten meine Gefühle zwischen „was tue ich hier eigentlich“ und einer „endlich mal raus- Euphorie“. Ich lenkte mich mit zwei Filmen ab und schilief dann eine Runde. Der Umstieg in São Paulo war problemlos, auch wurde mein Gepäck automatisch umgeladen. Dort lernte ich das erste von drei Pärchen an diesem Tag kennen: Mediziner + in aus Erlangen(?). Der Flug über die Anden war dann schon ziemlich eindrucksvoll, irgendwie ungewohnt, dass das Flugzeug nicht über sondern zwischen den Gipfeln hindurchfliegt ;).

DSCN5624

Der Umstieg nach Puerto Montt war dann schon schwieriger, weil ich, wegen des Zolls, mein Gepäck erst abholen, scannen und dann wieder abgeben musste. Dabei lernte ich Pärchen Nr. 2 kennen, eine Sozialpädagogin und einen professionellen Mountain-Einradfahrer! Ich frage mich gerade ob ich Pärchen irgendwie lieber anspreche, oder ob sich diese durch ihre Gespräche einfach leichter als Deutsche identifizieren lassen. Beim Gate lief Fußball und ich musste daran denken, das mir Sebbe gesagt hat, die Chilenen wären fußballverrückt. Nach einem zehn-Sekunden-Torschrei des Ansagers schien das bestätigt, stattdessen machte ich mir Gedanken darüber ob die Ansager hier Gesangsunterricht nehmen müssen. Der Flug nach Puerto Montt war kurz aber ganz nett.

DSCN5629

Übrigends gabs auf den Flügen nur Essen mit Fleisch und Englisch spricht hier kaum jemand. In Puerto Montt am Flughafen holte mich ein älterer Mann ab und fuhr mich zum Casa Azul in Puerto Varas. Bei seinem Fahrstil bzw. dem Fahrstil aller auf den Straßen musste ich daran denken wie sicher ich mich im Flugzeug gefühlt hatte. Das Hostel ist echt cool, ich bin in einem Zimmer mit Andi aus Deutschland und einer Spanierin, beide deutlich älter als ich.

DSCN5632

Meine erste Tour in die Stadt endete dann mit einem größeren Problem. Keiner der ungefähr 15 Geldautomaten wollte mir von meiner Postbank SparCard Geld auszahlen, obwohl beide das Visa Plus Symbol tragen -.- Jetzt werde ich gleich in die Stadt gehen (es ist gerade 9 Uhr am Sonntag) und mir meine Dollar und Euro in Pesos tauschen lassen. Sonst kann ich auch das Hostel nicht bezahlen und nichts frühstücken :D. Zum Glück hat hier fast alles auch Sonntags offen. Danach hole ich mir noch eine Prepaid-Sim Karte und vielleicht einen Hut und dann geht es auch schon auf die Farm in Richtung Purranque. Ob ich dort Internet haben werde, weiß ich noch nicht, es kann also sein dass ihr länger nichts mehr von mir hört ;).

Nachtrag: Heute morgen hat mir wie ein Wunder der erste Automat Geld ausgespuckt. Nicht logisch aber erfreulich :D